Ich bewundere Schreibende, die einfach drauf losschreiben. Die den Text dorthin wandern lassen, wohin er wandern will. Die noch nicht sein Ende kennen und deswegen nicht mühsam den Weg in die richtige Richtung graben müssen.
Bei journalistischen Texten schreibt man nicht einfach drauf los. Man weiß, was man erzählen will, worum es gehen soll und setzt die vorhandenen Informationen nach bestimmten Mustern zusammen. Auch bei kreativen Texten wird vorab geplottet, vorab entschieden, welche Geschichte man erzählen will und dann der Weg dorthin freigeschaufelt.
Es gibt unter Schreibenden die Frage: Macht Schreiben Spaß? Macht Schreiben glücklich? Oder macht es nur glücklich, wenn man fertig ist? Macht es nur Spaß, geschrieben zu haben? Ist es nur der Stolz auf den geschriebenen Text und die Erleichterung, es hinter sich zu haben, das positive Gefühle auslöst? Viele geben zu, dass eher Letztes zutrifft. Denn Schreiben ist ein mühsames Unterfangen. Es ist ein anstrengender Weg zum Ziel.
Dennoch gibt es kreative Schreibübungen, bei denen die Geschichte bewusst nicht vom Ende her, vom Ziel, gedacht wird, sondern von einer vorgegebenen Ausgangssituation, die man als Anstoß für eine Geschichte nimmt. Zum Beispiel: Ein Einkaufszettel liegt auf dem Küchentisch. Was passiert danach?
Vielleicht war beim Einkaufen eine wesentliche Zutat nicht erhältlich, sodass ein Jemand in der Geschichte zu einem anderen Supermarkt musste. Dann das Drama: Es gibt einen Autounfall. Oder dieser Jemand begegnet in dem anderen Supermarkt einem anderen Jemand, den er schon so lange nicht gesehen hat, aber so gerne noch einmal wiedersehen wollte. Jetzt ist es endlich so weit.
Oder alle Zutaten sind erhältlich, aber Jemand hat vergessen, dass sein Portemonnaie noch in der Tasche seiner anderen Jacke steckt und muss zurück nach Hause. Dort oder auf dem Weg… ja ja, passiert halt irgendwas.
Oder beim Einkauf gab es zwar keinerlei Probleme, aber dann bei der Essenszubereitung. Weil der Backofen nicht angeht. Oder das große, scharfe Messer fehlt, das man braucht, um den Kürbis zu zerteilen. Wo ist das große, scharfe Messer hin? Oh oh, der Auftakt einer Crime-Story.
Oder auch das passiert nicht, sondern die Geschichte eines geselligen Abends nimmt ihren Lauf, bei der die Gäste aus Höflichkeit Oliven und Auberginen essen, obwohl sie das eigentlich gar nicht mögen. Man könnte über Unehrlichkeit und Höflichkeit schreiben, und über Unsicherheit, die aus Unehrlichkeit oder Ehrlichkeit entsteht.
Oder über einen misslungenen Abend, einem unangenehmen Zusammensein, über toxische Freundschaften und die Frage, wie selten man das Glück hat, Menschen zu begegnen, die einen wirklich sehen und schätzen.
Oder, oder…
Alles ist möglich, wenn man schreibt.
Wenn man anfängt nachzudenken, unterbricht man den Schreibfluss
Doris Dörrie schreibt in ihrem Buch „Leben Schreiben Atmen“, man solle beim Schreiben möglichst wenig denken, denn Denken killt die Kreativität. Wenn man anfängt nachzudenken, unterbricht man den Schreibfluss, die Ideen sprudeln nicht mehr. Man fängt an zu werten – und dann sind da der Druck und die Blockade.
Ich denke immer ziemlich viel; ich denke mehr, als ich schreibe; ich zerdenke alles. Manchmal weiß ich nicht, wo ich mit meinem Text hinwill. Manchmal weiß ich das schon, aber ich finde den Weg nicht, oder ich finde ihn zu holprig. Manchmal ist mir meine Idee doch zu profan.
Häufig habe ich vor zu schreiben, doch es entstehen nur Bruchstücke, weil ich den Text nicht wandern lassen kann. Weil ich nicht zu den Schreibenden gehöre, die ihre Texte einfach wandern lassen, weil ich ja etwas Bestimmtes erzählen will, eine Botschaft mitgeben, die ich vorher kennen muss und die irgendwie originell sein soll.
Diesen Text habe ich jedoch wandern lassen, über zwölf Notizbuchseiten. Nur zweimal habe ich Absätze gestrichen, nur zweimal habe ich das Schreiben unterbrochen und eine Weile nachgedacht. Er hat sich schnell geschrieben. Er war eine Kaffeepause, kein tage- und wochenlanges Hin und Her, kein Zweifeln an den eigenen Fähigkeiten. Ohne Zweifeln entsteht viel schneller Etwas. Viel, viel schneller.
Vielleicht muss man üben, seine Texte wandern zu lassen. Genauso wie man üben muss, seine Gedanken eben nicht mehr wandern zu lassen, wenn man zu den Menschen gehört, die zu viel nachdenken, die grübeln, die alles zerdenken und so handlungsunfähig werden.
Vielleicht muss man lernen, einen Text, bei dem es nicht läuft, der nicht funktionieren will, gehen zu lassen, wandern zu lassen. Vielleicht kommt er dann doch fertig zurück.
OUTFIT: Kleid (H&M, ähnlich hier / hier) | Tasche: H&M (ähnlich hier) | Sandaletten: CCC (ähnlich hier) | Ohrringe: Lea y Paola (ähnlich hier)
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Fotos: Eva Fischer
Brüssel, Parc du Cinquantenaire
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Es gibt Tage, da laufen gefühlt die Wörter einfach aus der Tastatur. Doch das kommt meinst auf meine persönliche Verfassung und meine innere Ruhe an.
Wenn die Buchstaben aus sind, dann nützt auch stundenlanges auf den Bildschirm starren nichts. Ich brauche dann eine Auszeit in der Natur.
Allerdings über Mode könnte ich nicht schreiben. Dazu fehlt mir einfach die Expertise und oftmals auch die Kreativität.
Somit Hut ab vor dem roten Kleid 🙂 Übrigens, ich mag die Korb-Tasche 🙂
Viele Grüße, Katja