Die Sache mit den guten Vorsätzen

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Sollte man sich vor dem Jahreswechsel vornehmen im kommenden Jahr sein Leben grundlegend zu ändern? Oder nur ein paar Kleinigkeiten anders bzw. endlich mal anzugehen?

Sind gute Vorsätze ein guter Plan? Oder sind sie nichts anderes als einfach nur frustrierend?

Es gab Jahre, da habe ich mir keine guten Vorsätze gemacht. Außer vielleicht: Person xy endlich zu vergessen, was aber natürlich ebenso wenig durch ein neues Datum klappt wie auf Knopfdruck.

Hatte ich damit einen weniger frustrierenden Jahresanfang? Nicht unbedingt.

Vielleicht hatte ich weniger Stress, weil ich zu Jahresbeginn nicht total busy damit war, all die Punkte auf der To-Do-Liste für das Ziel des perfekten Ichs abzuarbeiten. Vielleicht hatte ich auch nicht dieses Gefühl von Resignation nach ein paar Tagen, Wochen oder Monaten, weil ich das Vorgenommene nicht geschafft habe und sich mein neues Leben im neuen Jahr nicht sonderlich von meinem alten Leben im alten Jahr unterscheidet.

Aber eigentlich ist das Verweigern, sich im kommenden Jahr etwas vorzunehmen, was man in diesem Jahr aus welchen Gründen auch immer nicht hinbekommen hat, einfach nur Resignation. Man hat aufgegeben, besser werden zu wollen. Nur: Besteht nicht das ganze Leben daraus, kontinuierlich an sich selbst zu arbeiten, immer wieder eine bessere Version von uns selbst zu werden?

Diese guten Vorsätze, die wir uns machen, stellen im Grunde genommen unsere Vorstellungen dar, wie unser Leben besser werden könnte. Wer wir sein könnten, wäre es möglich, die Zeit anzuhalten, jedes Gefühl von Müdigkeit oder Unlust einfach auszuknipsen oder uns von einer guten Fee verzaubern zu lassen. Wer ist unser perfektes Ich und was tut es den ganzen Tag?

Mein perfektes Ich ist ziemlich beschäftigt:

Es treibt drei- bis viermal die Woche Sport: Yoga, Pilates, Krafttraining, ein bisschen Schwimmen, Bouldern und Joggen. Es isst jeden Tag mindesten fünf handgroße Portionen Obst und Gemüse verschiedener Farben. Allgemein ernährt es sich recht gesund und trinkt jeden Tag zwei Liter Wasser.

Es arbeitet daran, sein Italienisch, Französisch und Niederländisch auf ein konversationssicheres Sprachlevel zu heben und sein Englisch weiter zu perfektionieren. Irgendwann fängt es auch mal mit Arabisch und Russisch an, um noch ein paar Sprachen aus anderen Sprachfamilien kennenzulernen. Vielleicht ja dieses Jahr.

Es hat einen schönen Blog, der mindestens zweimal wöchentlich mit tollem, einzigartigem Content gefüllt wird. Es zieht regelmäßig mit der Kamera los, um sich fotografisch zu verbessern.
Es liest pro Woche ein Buch und arbeitet an einem eigenen. Außerdem schreibt es regelmäßig Tagebuch zur Selbstreflexion.

Meditation ist selbstverständlich ein Teil der Morgenroutine, nach der ein beruflich spannender, aber mit Bravour bewältigter Arbeitstag folgt.

Um die Freunde wird sich natürlich auch gekümmert und jedes Jahr werden neue Länder bereist.

Die Wohnung ist immer aufgeräumt und geputzt. Und die perfekte Variante von mir ist spätestens vor Mitternacht im Reich der Träume. Träum weiter!

Es ist hart, perfekt zu sein. Es ist unmöglich – sonst wären wir es ja.

Denn mein reales Ich ist vielleicht manchmal faul, und öfters ist das Manchmal auch ein Öfters. Trotzdem weiß ich: Alles zu tun, was ich gerne tun würde, wäre vielleicht möglich, wenn ich keinen Job hätte. Aber vermutlich würde auch dann die Zeit nicht reichen.

Was lerne ich über mich selbst, wenn ich mir gute Vorsätze mache?

Vielleicht wofür ich mich interessiere? Für was ich mich begeistern kann? Was ich schon immer mal tun wollte? Mit was ich mich ablenken könnte, wenn ich mich ablenken muss?

Vielleicht können gute Vorsätze ein Leitfaden sein, in Zeiten, in denen wir nicht mehr wissen, was die große Richtung unseres Lebens ist. Sie können uns helfen, die Zeit zu überbrücken, bis unsere Welt wieder Sinn ergibt. Deswegen sollten wir den Zettel mit den guten Vorsätzen nicht frustriert zerknüllen, wen wir gescheitert sind, sondern aufbewahren für den Zeitpunkt, an dem wir gerade nicht wissen, wohin mit uns.

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Jedem Anfang wohnt ein Zauber inne, so das Sprichwort. Mindestens einmal im Jahr belegt die Welt jeden von uns mit diesem Zauber.

Auch wenn uns dieser Zauber nicht in perfekte Menschen verwandeln kann, die Unmögliches erreichen, so bringt er uns doch dazu, zumindest für einen gewissen Zeitraum das zu tun, was wir gerne tun wollen. Er bringt dazu, neue Erfahrungen zu sammeln und unseren Horizont zu erweitern. Dadurch werden wir ein bisschen besser – für immer, auch wenn wir das Angefangene nicht dauerhaft durchziehen können. Auch wenn wir nicht perfekt werden – wir werden immer besser.

OUTIFIT: Kleid: Zara | Tasche: 21century (New York, anderes Outfit hier) | Ohrringe: Veritas | Schuhe: CCC shoes and bags

Fotos von Eva Fischer

Brüssel

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4 Gedanken zu „Die Sache mit den guten Vorsätzen&8220;

  1. Ich muss sagen du sprichst mir direkt aus der Seele. Ich versuche mich schon immer gut zu ernähren und mache zudem auch viel Sport.
    Über meine Vorsätze für 2020 habe ich mir viele Gedanken gemacht und bin zu dem Entschluss gekommen, viele kleine Ziele im Jahr (jeden Monat) zu verteilen. Somit bin ich viel motivierter, die Ziele sind genau definiert und an jedem Monatsende kann man diese nochmal reflektieren. Ich hoffe das es sich bewährt.
    Dir wünsche ich einen tollen Start ins neue Jahr!
    Liebe Grüße, Lisa 🙂
    https://litzkoblog.wordpress.com/

  2. Toll geschrieben und ein wunderschönes Kleid! Ich denke mir immer, wenn man wirklich etwas an sich ändern will, dann braucht man dazu keinen Jahresanfang – alles auf einmal klappt eh nicht. 🙂

    1. Das stimmt, wenn man wirklich etwas ändern will, kann man das immer sofort angehen 🙂 Aber so ein Jahreswechsel ist auch ein guter Anlass, mal wieder etwas zu tun, was man schon immer (mal wieder) tun wollte 🙂

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