Als ich zehn Jahre alt war, wurde mir zum ersten Mal in meinem Leben die Frage „Liest du Bücher?“ gestellt. Ich fand diese Frage ungefähr so merkwürdig, als hätte mich jemand „Isst du etwas?“ oder „Benutzt du Klopapier?“ gefragt.
Für mich war es von klein auf völlig normal, dass man Bücher liest.
Als ich noch nicht lesen konnte, wurden mir die Bücher vorgelesen – beim Abendessen, in der Badewanne oder beim Schlafengehen.
Als ich dann selber lesen konnte und niemand mehr bereit war, mir meine Bücher vorzulesen, musste ich sie selber lesen. Was ich auch getan habe: vorm Einschlafen oder in der Zeit, in der ich eigentlich meine Hausaufgaben machen sollte.
Ich kann mir nicht vorstellen, wie ich die Familienurlaube in einsamen Ferienhäusern – weit breit keine anderen Kinder – überlebt hätte, wenn ich nicht meine Bücher gehabt hätte.
Noch heute finde ich es erstaunlich, dass die Menschen im Urlaub, die den ganzen Tag am Pool herumliegen ohne zu lesen, dabei nicht vor Langeweile sterben.
Es ist mir somit erst in meinen Teeangerjahren in den Sinn gekommen, dass es Menschen gibt, die keine Bücher lesen. Und mit der Zeit habe ich festgestellt, dass diese Menschen gar nicht so selten sind.
Als es noch SchülerVZ gab, machten dort einige meiner damaligen Mitschüler unter dem Punkt „Lieblingsbuch“ Angaben à la „Ich lese niemals freiwillig“ oder „Was ist ein Buch?“.
Die wenigsten Menschen lesen morgens im Zug auf dem Weg zur Arbeit. Und in der Warteschlange vom Einwohnermeldeamt liest erst recht niemand in der Zwischenzeit ein Buch oder eine Zeitschrift.
Manchmal habe ich das Gefühl, die einzigen Menschen, die gerne lesen, sind die Buchblogger, oder die Menschen, die sich in Bücherforen herumtreiben. Und die paar wenigen Bücher liebenden Freunde, die mir im Laufe meines Lebens begegnet sind.
Dennoch muss es ja eine gewisse Anzahl an Bücherlesern geben. Wie könnten sonst in jeder Stadt mehrere Buchhandlungen überleben? Wie könnte es sonst zig Onlinehändler geben? Und warum würden sonst in jeder Zeitschrift und Zeitung Bücher vorgestellt?
Da Marktforscher alles untersuchen, was man untersuchen kann, haben sie auch die Deutschen zu ihrer Lesehäufigkeit in der Freizeit befragt. Auf Statista, einem Statistik-Portal, sind die Ergebnisse veröffentlicht.
Und man stellt fest: 54,64 Millionen Deutsche haben im Jahr 2013 Bücher gelesen! Trotzdem lesen immerhin 15,61 Millionen Deutsche keine Bücher.
13,01 Millionen lesen mehrmals wöchentlich in einem Buch. Zu ihnen gehören dann wohl all die passionierten Leser, denen man auf Buchblogs und in Bücherforen begegnet. Oder eben jene Leser, die regelmäßig auf dem Weg zur Arbeit oder vor dem Schlafengehen lesen.
Mehrmals monatlich lesen 14,98 Millionen Deutsche. Hier muss ich gestehen, dass ich mich – je nach Lebensphase – mal zu den mehrmals wöchentlichen Lesern, mal zu den mehrmals monatlichen Lesern, zählen müsste.
7,31 Millionen lesen einmal im Monat in einem Buch, 19,34 Millionen sogar noch seltener. Das sind wohl diejenigen, die nur im Urlaub lesen, oder wenn das Wetter sehr, sehr schlecht ist.
Interessanterweise findet man in einer anderen Statistik auf Statista das Ergebnis, dass 51,8 Prozent der Befragten lesen, sobald sie Zeit dafür haben. Und 24,8 Prozent geben an, dass sie gerne mehr lesen würden, aber nicht genug Zeit dafür finden.
Es scheint also glücklicherweise genug Leser und Lesewillige zu geben!
Die kompletten Statistiken findet man hier:
Umfrage in Deutschland zu Aussagen zum Thema Lesen und Lesegewohnheiten 2013
Ich lese auch viel und gerne. Mittlerweile lese ich aber – dank des Internets – zu vielen Themen Artikel online auf Blogs. So steht das “Buch lesen” und “Blog lesen” manchmal für mich in Konkurrenz.
Das kenne ich. Vermutlich verbringe ich deutlich mehr Zeit damit, online irgendetwas zu lesen, als in Büchern zu lesen.
Die, die Bücher lesen, aber nicht die, die keine Bücher lesen. 😉
Mensch, da war mein Leben ja trostlos, wir hatten nie Urlaub.
Ich fand es sehr interessant zu sehen, dass die meisten Menschen eben doch Bücher lesen, auch wenn man manchmal das Gefühl hat, dass dem nicht so ist.
Du hattest wirklich nie Urlaub? Das ist tatsächlich schade. Wieso denn nicht? 😉
Na ja, keinen In-die-Karibik-Urlaub.
Ansonsten schon.
Ja, jetzt lesen viele, weil man von dem Leser nichts fordern darf. Würde man anfangen nur Klassiker herauszugeben, würde es sich auf vielleicht 20 reduzieren. 🙂
Die Bücher sind doch schon wie Filme, deshalb guck ich mir immer noch n Film, als irgendein Unterhaltungsbuch.
Also nichts für Ungut, Gregor, aber du ziehst das Thema gerade etwas ins Lächerliche.
Bonjourplaisir freut sich, dass viele Menschen lesen und du minderst das, weil es keine Klassiker sind? Nicht nur Reclam-Hefte oder Bücher, die gemeinhin als “Klassiker” gelten, sind wertvoll. Wenn man denn will, kann man aus allen Büchern etwas mitnehmen und lernen und am Ende soll man dabei doch Spaß haben. Immerhin ist es ein Hobby!
Und zum Thema Klassiker… Niemand hat ein Buch geschrieben und gejubelt: “Ich habe eine Klassiker geschrieben!!!”. Also wer sagt dir, dass ein Buch, welches dieses, letztes oder vorletztes Jahr herauskam, nicht irgendwann als Klassiker gelten kann?
Deine Einstellung klingt – gelinde gesagt – ignorant.
Ach und…. die Stelle, an der Bonjourplaisir von Karibik-Urlauben gesprochen hat, ist mir auch abhanden gekommen. Ich lese etwas von einsamen Ferienhäusern… Aber man kann ja erstmal dagegen reden, nech?! 😉
In der Karibik war ich leider auch noch nie. 😉
Ich finde es immer wieder schade, wenn Populärliteratur verteufelt wird, und Klassiker als der einzig wahre Lesestoff dargestellt werden.
Zumal es keine eindeutige Definition gibt, was ein Klassiker eigentlich ist – und ab wann ein Buch eigentlich als Klassiker gilt. Klar gibt es Bücher, die zweifelsohne ein Klassiker sind. Die Bücher Hemingways und Fitzgeralds hingegen findet man in einigen Buchhandlungen bei der Populärliteratur, woanders sind sie wiederum im Klassiker-Regal eingeordnet.
Ein Klassiker ist etwas, das über einen langen Zeitraum hinweg Bestand hat; das unabhängig von Generationen Menschen begeistert. Etwas, das neu ist, kann kein Klassiker sein – aber vielleicht irgendwann einer werden.
Nur noch Klassiker herauszugeben hieße, nicht mehr neue Bücher zu veröffentlichen. Das wäre ein Zustand, den wirklich niemand haben will.