Das Mädchen mit dem Selbstauslöser

Schon vor vielen Jahren, als es losging mit den Modeblogs im WWW, hätte ich auch gerne einen eignen gehabt. Es scheiterte an zwei Punkten: Erstens wollte ich keine Fotos zeigen, auf denen man mich erkennt; und zweitens stand die unlösbare Frage im Raum: Wer soll all die Fotos von mir machen?

2014 entschied ich mich, über meinen Schatten zu springen, und Bilder von mir mit meinen Outfits zu zeigen, und damit auch zu sagen: Ja, ich habe einen Modeblog.
Aber die Frage, wer all die Bilder von mir machen soll, ist immer noch nicht gelöst.

Ich habe keinen Freund, mit dem ich Fotos machen kann, und in meinem Freundeskreis befindet sich auch kein passionierter Hobbyfotograf, der mit Begeisterung jede Woche mehrere Outfits mit mir shooten würde. Stattdessen müssen meine engsten Freundinnen und meine Mitbewohnerinnern mich im Wechsel immer mal wieder fotografieren. Ich versuche sie mit Essen oder anderen Dingen zu ködern, aber im Kern bleibt das Problem: Sie machen nur Fotos von mir, weil sie mir einen Gefallen tun wollen und gerade nichts besseres zu tun haben. Und nicht, weil sie selbst darin Erfüllung finden.

 

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Woche für Woche stehe ich also immer wieder vor der Frage, wer diesmal die Fotos von den beiden Outfits machen könnte, die ich in der kommenden Woche gerne auf dem Blog zeigen würde. Am liebsten würde ich wöchentlich drei Outfits zeigen (mein Kleiderschrank gibt das her – das Fotografen-Problem nicht). Meistens reicht die Gutmütigkeit meiner Freunde aber nur für ein Bild; aber es passiert auch oft genug, dass niemand Zeit hat. Oder Lust.

Dann stehe ich vor der Wahl: Entweder veröffentliche ich mindestens eine Woche kein Outfit – und ob ich in der darauffolgenden Woche einen Fotografen finde, ist auch ungewiss – oder ich nehme meine Kamera, das Stativ und den Selbstauslöser und fotografiere mich selber.

Alleine mitten auf der Straße zu stehen und sich dabei selber zu fotografieren – die bloße Vorstellung ist der blanke Horror. Meine ersten Eigenfotos habe ich daher auf dem Dach vor unserem Haus gemacht – die einzigen Menschen, die mich dabei hätten sehen können, waren die Nachbarn. Das ist zwar nicht angenehm, aber das kann ich verkraften. Trotzdem war es eigentlich eine witzige Situation, wie ich – die Kamera umgehängt, das Stativ unter dem Arm geklemmt – das Dach hochklettere, um Outfitbilder von mir selbst zu machen. Wenn ich recht überlege: Sogar ICH erkläre mich damit ein bisschen für bescheuert.

 

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Als ich im Mai in Italien war, war ich mutiger. All die schönen Gassen und damit tolle Hintergründe für die Fotos – und natürlich auch niemand, der mich fotografiert.
Also habe ich mir eine Seitenstraße gesucht (die trotzdem relativ stark frequentiert war, wie ich mit der Zeit festgestellt habe), mein Kameraequipment aufgebaut, den richtigen Bildausschnitt gesucht und losgelegt. Frei nach dem Motto: Egal, hier kennt mich sowieso keiner und die Menschen sehe ich nie wieder.

Natürlich wurde ich angelabert. Italiener labern einen immer an, egal ob man ganz normal eine Straße entlang geht, alleine auf einer Mauer sitzt, den Müll rausbringt – oder sich eben selbst fotografiert.

Sie bleiben stehen und gucken interessiert, was ich da mache. Wo ich denn herkomme? Warum ich in Italien bin? „Sono qui per fare foto“ – Ich bin hier, um Fotos zu machen, sage ich. Die Erklärung reicht – die Italiener sind es gewohnt, Leute im Land zu haben, die alles fotografieren – auch sich selbst.

 

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Ein paar Wochen später entschließe ich mich tatsächlich zum ersten Mal in Deutschland auf offener Straße, Fotos von mir selbst zu machen. Wieder ein Fall von: In der Not frisst der Teufel Fliegen. Und: Von nichts kommt nichts.
In der Lüneburger Innenstadt tobt das Stadtfest – die ganze Innenstadt ist voller Menschen. Das macht es zusätzlich schwer für mich, eine ruhige Seitenstraße zu finden.

Doch der anfängliche Fluch entpuppt sich als Segen. Durch das Grölen der Betrunkenen bemerke ich früh genug, dass jemand kommt und kann kurz aufhören. Die Fußgänger merken zwar, dass ich Fotos mache, aber nicht, dass ich mich selbst fotografiere. Und als es einmal doch auffällt, kommt nur ein Betrunkenes: „Ey cool, wir wollen mit aufs Bild!“

Wiederum eine Woche später läuft es nicht ganz so glatt. Die Straße ist doch nicht so wenig frequentiert, wie ich auf den ersten Blick angenommen hatte. Es kommen tatsächlich sehr oft Leute vorbei und teilweise passiert es auch, dass ich es nicht schnell genug bemerke und die Personen somit definitiv mitbekommen, dass ich mich selbst fotografiere. Ein Mann bietet an, dass er auch schnell ein paar Fotos von mir machen könne. Ansonsten kassiere ich nur neugierige Blicke, verwirrte Lächeln – oder auch einfach nichts.

 

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Fazit: Keine Frage, es ist nicht schön, sich selber zu fotografieren, aber auch überhaupt nicht so schlimm, wie man es sich vorher ausmalt. Die Menschen reagieren überwiegend gar nicht, höchstens verwundert bis neugierig. Mitten in die Innenstadt würde ich mich auch nicht stellen, aber eine wenig frequentierte Seitenstraße ist als Notlösung in Ordnung. Sonntagmorgens und -abends sind erfahrungsgemäß am wenigsten Menschen unterwegs, die einen dabei „erwischen“ könnten.
Außerdem ist man in seiner Blogplanung autonomer, wenn man sich notfalls einfach selber fotografiert. Es dauert allerdings auch länger, ein Outfit abzufotografieren, da man vom Fotografen keine Hinweise erhält, beispielsweise dass man gerade den Mund merkwürdig verzieht, schief steht oder der Kopf abgeschnitten ist. Man muss die Hand immer so halten, dass der Selbstauslöser verdeckt ist. Und ja der Autofokus, der hat halt öfters seinen eigenen Kopf und hält den Rosenbusch oder die Laterne im Hintergrund einfach für relevanter als das Mädchen in dem Kleid.

 

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OUTFIT

Kleid/Dress: Asos

Weste/Vest: Bershka

Head Chain: Asos

Armband/Bracelet: Six

Sandalen/Sandals: H&M

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28 Gedanken zu „Das Mädchen mit dem Selbstauslöser&8220;

    1. Der Gedanke war mal kurz da, aber in Hinblick auf mein Studentenbudget habe ihn direkt wieder verworfen. Bloggen würde damit wirklich zu einem sehr, sehr teuren Hobby werden 😀

  1. So jetzt musste ich mir gleich erstmal deinen Blog ansehen 😀
    Ich find ihn richtig schön und ich mag wie du schreibst. Mir ist grad aufgefallen, dass das ziemlich lustig ist erst einen Menschen persönlich zu treffen und dann den Blog zu lesen. So hat man ein ganz anderes Bild irgendwie.
    Ich glaube ich würde mir auch ziemlich komisch vorkommen mich selbst zu fotografieren. Ich fühle mich ja teilweise sogar schon komisch, wenn mich jemand anderes fotografiert und andere Leute zugucken. Aber die Bilder sind trotzdem toll geworden, also kann es dir ja eigentlich auch egal sein was fremde Menschen denken.
    Es war schön, dich heute kennen zu lernen 🙂
    Liebste Grüße ♥ MS
    Sparkle & Sand

  2. Ich hab echt Glück dass meine Sis so gerne fotografiert, ich stell mir das sonst auch sehr schwierig vor. Find ich toll wie du das machst!!

  3. Haha ich stehe vor dem umgekehrten Problem – ich stehe am liebsten hinter der Kamera, hab aber keine Menschen die sich so gerne ablichten lassen und bereit sind, auch mal Arbeit zu investieren. Aber da ich auch keinen Zugriff mehr auf ne vernünftige Kamera habe (ist einfach schon was anderes als nachträgliche Bearbeitung) hat sich das Thema gerade eh erledigt :/ ich finds toll, dass du dich getraut hast! 🙂
    LG
    Nessa

  4. Haha, ich musste direkt lachen, als ich deine zwei Punkte gelesen habe. Die hätten genauso von mir stammen können. Als ich mit meinem Blog im Oktober gestartet bin, habe ich noch keine Bilder von mir veröffentlicht, aber da wollte ich dann einfach nicht mehr länger warten.

    Sehr schöner Post und übrigens auch ein entzückendes Outfit 😉

    LG, Tina
    http://www.tinainthemiddle.com

  5. Oh, das Fotoproblem kenne ich… Ich hab leider nichtmal eine eigene Kamera und bin somit total an meinen Freund gebunden…
    Deine bilder sind aber total schön geworden, auch wenn sie per Selbstauslöser gemacht wurden 🙂
    Liebe Grüße 🙂

  6. Die Fotos sehen echt klasse aus! Ich habe auch das Problem mit dem Fotografen – zwar habe ich einen Freund, der ist allerdings einer der untalentiertesten Fotografen, der mir je begegnet ist und auch nicht sonderlich motiviert. 😀 Meistens geht es mir genau wie dir – ich überrede Freunde, mich zu fotografieren, “nur mal eben schnell, wirklich!”, aber so ganz zufrieden bin ich damit nicht. Aber ich werde definitiv auch mal probieren, mich selber zu fotografieren. Wie machst du das denn, hast du einen Fernauslöser, mit Stativ oder wie kann man sich das genau vorstellen?

    1. Genau, ich habe ein Stativ und einen Selbstauslöser. Ich stelle vorher bei der Kamera ISO, Blende und Verschlusszeit ein und aktiviere den Fernauslöser-Modus sowie Autofokus. Dann stelle ich mich davor, löse mit dem Fernauslöser aus und habe dann zwei Sekunden Zeit, den Fernauslöser in meiner Hand oder hinter meinem Rücken zu verstecken, bevor die Kamera ein Bild macht. Alle paar Bilder überprüfe ich dann, ob die Belichtungszeit noch hinkommt, ob irgendwas komisch aussieht oder ob ich die Stelle wechseln muss, weil sie für den Autofokus zu „aufregend“ ist.

  7. Genialer Titel! Das Problem kennen wohl die meisten 🙂 Ich drücke dir die Daumen, dass du immer ein williges Opfer findest oder halt doch mit Stativ und Selbstauslöser arbeitest. Nicht jeder hat das Glück, einen Bekannten / Freund / Nachbar / Fotografen zu haben, der dann auch mit der gleichen Leidenschaft an die Fotos rangeht, wie du sie für deinen Blog haben möchtest. Mir haben deine Fotos bisher immer gefallen, egal, wie sie entstanden sind 🙂

  8. eine ganz lange Zeit über hab ich auch meine fotos per Selbstausöser gemacht, im Moment macht meine Mama die meistens 🙂 hihi
    Mir ist es auch immer ein wenig unangenehm, das Stativ aufzubauen und dann Fotos von mir selbst zu machen 😀 Mir ist es ja schon unangenehm, mitten in der Stadt zu stehen und mich von anderen fotografieren zu lassen 😀 Aber mitterlweile ist das natürlich nicht mehr so schlimm wie am Anfang 🙂
    hättest du vielleicht Lust, das wir mal zusammen Fotos machen gehen?

  9. Zur Zeit muss mein Freund immer mit, aber ich habe noch keine Ahnung, wie ich das in Dänemark machen soll – vielleicht erbarmt sich ja einer meiner Mitbewohner. Aber ich finde das mutig, weil ich mir immer schon doof vorkomme, wenn mich jemand anders fotografiert…hattest du das am Anfang auch? Vielleicht gewöhne ich mich ja irgendwann dran und denke dann auch mal darüber nach, mich selbst zu fotografieren 😀

    1. Ich komme mir auch doof vor, wenn mich jemand anderes fotografiert; gerade am Anfang war das ganz schlimm und ich wollte nicht, dass auch nur irgendwer etwas mitbekommt. Mit der Zeit bin ich aber, was das angeht, schmerzbefreiter geworden und teilweise ist es mir auch egal. Ich habe auch den Eindruck, wenn man eine Spiegelreflexkamera verwendet und keine kleine Kompaktkamera, reagieren die Menschen anders darauf, weil sie wohl merken, dass dahinter etwas „Ernsteres“ steckt. Und ich habe den Eindruck, je jünger die Zuschauer, desto eher wird gelacht oder es kommen dumme Sprüche. Also im Zweifel lieber vorm Seniorenheim shooten und auf keinen Fall in der Nähe von einer Schule 😀

      1. Haha ja, das geht mir ähnlich…wobei schon generell ziemlich viele dumm gucken. Ich komme mir hinter der Kamera einfach viel weniger doof vor als davor 😀

  10. Das Problem kenne ich zu gut. Ich hab zwar ab und an mal Shootings. Aber brauche viel öfter Outfit Fotos. Meine Mama bekommt das mit dem Fotografieren so gar nicht hin und mein Freund hat auch nicht immer Lust. Also muss ich auch ab und an mal selbst ran.
    Die Bilder sehen hübsch aus. 🙂
    Liebst Michelle von beautifulfairy

  11. Mir gefallen die Bilder sehr gut, vor allem die Kulisse ist toll gewählt. 🙂
    Herzliche Grüße,
    Marie <3

  12. Ja das “Problem” kenne ich gut. Es ist einem auch irgendwie etwad unangenehm, ständig zu fragen (man will ja nicht nerven) vorallem wenn sie selbst absolut nicht daran interessiert sind. Aber ich habe ein paar Freundinnen, die das Selbe machen & dadurch helfen wir uns eig. gegenseitig 🙂
    Wer aber am meisten Fotos von mir macht ist meine Mum 😀
    Mit Selbstauslöser ist es auf jedenfall etwas ganz anderes. Ich habe zuerst auch mit meiner Spiegelreflex fotografiert, aber es wurde mir zu umständlich, sie ständig mitzuschleppen. Jetzt schiesse ich die Fotos mit meinem IPhone – spontan, ohne viele Einstellungen & Umstände 🙂
    Es sind sehr tolle Fotos rausgekommen Süsse! Mach dein Ding!
    Liebst, blooming.veins

  13. Schöner Beitrag! Ich bin im Moment auch am überlegen ob ich mich bezüglich der Outfit-Fotografie selbständig machen soll… Wäre viel unkomplizierter wenn man nicht dauernd ein Fotograf suchen müsste! Lg Lina

  14. Sehr schöner Beitrag! Ich blogge mehr über Beauty, deshalb habe ich das Problem nicht. Aber ich möchte auch bald mal Outfits posten und da habe ich genau dasselbe Probleme. Schade, wenn man wegen so etwas seinen Traum nicht erfüllen kann :/

  15. Dieses Problem hat mich dazu gebracht meinen Blog sehr spät zu starten … Wer macht die ganzen Fotos? Ich könnte ebenfalls 3 Outfit Posts die Woche machen, nur haben die Leute in meiner Umgebung entweder keine Lust Bilder zu machen oder sie machen es ohne Leidenschaft, was man hinterher an den Bildern auch sieht. Selbstauslöser habe ich einmal probiert und wurde nur blöd angeschaut und habe unangenehme neugierige Blicke kassiert… Für mich ist es überhaupt nichts, manchmal nehme ich mir sonntags vor, die Kamera zu nehmen und einfach per Selbstauslöser Bilder zu machen, aber irgendwie kann ich mich nicht überwinden …
    Liebste Grüße, Pisa ❤️

  16. Drinnen fotografiere ich mich sehr gern selbst. Draußen habe ich es bisher nicht gemacht. Aber weniger weil ich mich unwohl fühlen würde (in Berlin guckt niemand komisch, da machen die Leute noch ganz andere Sachen auf der Straße), sondern weil ich Angst habe, dass sich jemand die Kamera plus Stativ schnappt und wegrennt. Hast Du diese Befürchtung nicht?
    Mein Tipp wegen des Problems mit dem Selbstauslöser in der Hand: Vielleicht kannst Du bei Deiner Kamera auch Selbstauslösung einstellen. Ich nehme immer den Reihenbild-Modus. Da werden dann zehn Bilder in kurzen Abständen hintereinander geschossen. Das ist super!

    1. Als ich in Italien war, hatte ich davor tatsächlich ein bisschen Angst, aber es ist nichts passiert. In Lüneburg habe ich die Befürchtung eher nicht. Hier gibt es nur Studenten, junge Familien und Rentner – also alles sehr idyllisch hier 😀
      Bevor ich den Fernauslöser hatte, habe ich mal versucht, mich mit dem Selbstauslöser der Kamera + Reihenaufnahme zu fotografieren, aber dann hatte ich das Problem, dass der Autofokus in dem Moment, in dem ich abdrücke, den Hintergrund anvisiert – und wenn ich dann davor laufe, bin ich komplett unscharf. Hast du das Problem nicht?

      1. Nein, das Problem habe ich zum Glück nicht. Dabei klingt das logisch wie Du es beschreibst, aber meine Kamera macht das irgendwie nicht und stellt dann auf mich scharf.

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