Ich prokrastiniere gerade

Eigentlich sollte ich jetzt gerade etwas anderes machen.
Zum Beispiel an meiner Bachelorarbeit schreiben. Oder mich wenigstens darum kümmern, herauszufinden, welches das richtige statistische Verfahren für meine Erhebungsmethode ist. Wenn ich das schon nicht mache, sollte ich mich stattdessen vielleicht eher um das Umzugskarton-Problem kümmern und mein Zimmer weiter in Kartons verstauen. Oder mal den Küchenfußboden wischen. Mache ich aber alles nicht. Weil ich der Meinung bin, dass hier dringend mal wieder ein Blogeintrag erscheinen muss.

„Prokrastination“ lautet der psychologische Fachbegriff dieses Verhaltens. „Prokrastination“ stammt von dem lateinischem Wort „procrastinare“, welches sich mit Worten „verschieben“, „vertragen“ und „verzögern“ übersetzt werden kann. Aufschieberitis also – die typische „Das mache ich morgen“-Mentalität.

Studenten ist dieser Begriff vermutlich geläufig. Von Zeitschriften wie „Zeit Campus“ oder „Neon“ wird man zur Genüge darüber aufgeklärt. Sie gehören nämlich zur Risikogruppe: Laut amerikanischen Studien schieben 75 Prozent der Studierenden ihre Aufgaben vor sich her. Ich gehöre zu diesen 75 Prozent. Meine Mitbewohnerin, meine Schwester und meine beste Freundin übrigens auch.

 

3_modeblog_outfit_Streetstyle_cape_herbst_kleid_trapezbag

4_modeblog_outfit_Streetstyle_cape_herbst_kleid_trapezbag

2_modeblog_outfit_Streetstyle_cape_herbst_kleid_trapezbag

 

Dabei ist Prokrastination nicht einfach ein gehobener Begriff für Faulheit. Faulheit bedeutet, dass man nicht arbeitet, sondern sich vergnügt. Beispiel: Statt am Referat zu arbeiten, geht man ins Spaßbad. Statt zu lernen, legt man sich in den Park und genießt die Sonne.

Prokrastination ist hingegen dadurch charakterisiert, dass man sich eine andere, unwichtigere Aufgabe sucht, an der man stattdessen arbeitet.

Prokrastinatoren arbeiten also: Sie putzen gründlich die Küche, wenn sie eigentlich eine Hausarbeit schreiben müssten; studieren den örtlichen Immobilienmarkt, wenn ein Referat ansteht; beschließen Filmkritiker zu werden, wenn sie eigentlich für eine Klausur lernen müssten. Oder – nur so als hypothetisches Beispiel – schreiben einen Blogeintrag, wenn sie eigentlich eine Bachelorarbeit schreiben sollten.

Laut Psychologen ist Prokrastination also keine Form der Faulheit, sondern eine Verhaltensstörung hinsichtlich der Prioritätensetzung.
Ich bin also nicht faul, sondern verhaltensgestört. Ähm… okay.

 

5_modeblog_outfit_Streetstyle_cape_herbst_kleid_trapezbag

7_modeblog_outfit_Streetstyle_cape_herbst_kleid_trapezbag

6_modeblog_outfit_Streetstyle_cape_herbst_kleid_trapezbag

 

Und die Ironie der Sache: Ich schreibe meine Bachelorarbeit über Prokrastination. Genau genommen, untersuche ich, ob kreative Menschen mehr prokrastinieren als Nicht-Kreative.

Die Idee für diese Fragestellung hatte ich irgendwann im letzten Winter. Zum ersten Mal in der Sprechstunde des Betreuers war ich im Mai.
In der Zwischenzeit hatte mir beigebracht, mit einer Spiegelreflexkamera zu fotografieren, war in Hamburg auf Wohnungssuche (und habe dieses Vorhaben schnell frustiert wieder verworfen), habe etliche Blogbeiträge veröffentlicht, bin nach Italien geflogen und habe endlich mal meine Steuererklärung für das Jahr 2011 abgegeben.

Als mein Professor mich fragte, wie ich auf diese Fragestellung gekommen sei, wusste ich nicht, was ich antworten sollte. Ich konnte schlecht sagen: „Ich kümmere mich immer nur um meinen Blog und allmöglichen anderen Kram, und nicht um mein Studium. Deswegen bin ich auf das Thema gekommen.“

 

8_modeblog_outfit_Streetstyle_cape_herbst_kleid_trapezbag

2-4_modeblog_outfit_Streetstyle_cape_herbst_kleid_trapezbag

 

Trotzdem hat Prokrastination tatsächlich auch Vorteile. Wenn man immer alles sofort erledigen würde, würde man immer nur arbeiten – und dazu noch häufig für den Papierkorb. Manche Aufgaben erledigen sich mit der Zeit von selbst; andere kann man später besser oder einfacher lösen, wenn man noch weitere Informationen erhalten hat.

Und laut Neuropsychologen ist Prokrastination durchaus menschlich.
Unser Belohnungssystem ist auf kurzfristigen Erfolg angelegt. Man möchte möglichst shnell Glücksgefühle haben und so neuronal belohnt werden – und nicht erst nach Jahren mit einem Universitätsabschluss. Das ist der Grund, weswegen gerade Studenten besonders stark betroffen sind. Arbeitnehmer werden einmal im Monat mit einer Gehaltszahlung aufs Konto belohnt, bei Studenten dauert es monatelang bis die Note von der Hausarbeit da ist (und ob diese wirklich eine Belohnung ist, ist manchmal fraglich) – und jahrelang, bis man endlich ein Zeugnis in den Händen hält.

Eine Küche ist halt einmal schneller geputzt, als eine Hausarbeit geschrieben; es geht schneller, die Wohnungsanzeigen durchzugehen, als die wissenschaftlichen Artikel für das Referat. Und ein Blogeintrag ist schneller fertig als eine Bachelorarbeit.

Ich kann also gar nichts dafür, dass ich prokrastiniere. Mein primitives Steinzeit-Gehirn ist schuld.

Hier ist also mein Blogeintrag über Prokrastination. Meine Bachelorarbeit darüber folgt noch. Und die Geschichte des Capes, die ich eigentlich passend zum diesem Outfit schreiben wollte, auch noch. Irgendwann vielleicht.

 

9_modeblog_outfit_Streetstyle_cape_herbst_kleid_trapezbag

 

OUTFIT:

Cape: H&M (ähnlich hier / hier)

Kleid: H&M (ähnlich hier)

Schuhe: Gabor

Tasche: Zara

Nagellack: Anny – A perfect dream

Fotos von Lisa Eimer

Lüneburg

 Instagram / Lookbook / Facebook /Pinterest / Twitter

Einen sehr unterhaltsamen Artikel über Prokrastination gibt es übrigens hier. Genau genommen ist einer der unterhaltsamsten Artikel, die ich je gelesen habe (während ich eigentlich etwas anderes machen sollte).

This post contains affiliate links / Dieser Post enthält Affiliate-Links

 

16 Gedanken zu „Ich prokrastiniere gerade&8220;

  1. Das Cape ist bezaubernd zu diesem Outfit! Du wirst etwas wie eine wundervolle Prinzessin bei Disney! Eine die man liebt und die so gar nicht Prinzessin ist ♥

    Aber hey! Das mit der Bachelorarbeit kenne ich! Man drückt sich wo man kann und ich bin ein wenig froh, wenn dabei ein so süßer Post entsteht
    Liebe Grüße,
    Bambi

  2. Das war wirklich ein guter Blogpost! Ich habe es sehr genossen den Text zu lesen, jetzt weiß ich nämlich, dass ich nicht so faul bin wie ich denke und es eigentlich ziemlich normal ist Dinge aufzuschieben, die mir nicht direkt Freude bringen. Ich weiß auf jeden Fall wie du dich fühlst, bin auch gerade am codieren von meinem Blog, obwohl ich in zwei Tagen eine Hausarbeit abgeben muss, für die ich noch nicht mal ein Wort geschrieben habe.

    Super schönes Outfit!
    Liebste Grüße
    Gilda

  3. Das Verhalten kommt mir sehr bekannt vor 😉
    Gut zu wissen, dass es dafür auch ein Fachbegriff gibt! Dann kann ich jetzt wenigstens gebildet klingen wenn mich jemand fragt was ich den Tag über so gemacht habe. Dein Outfit mag ich übrigens sehr gerne, das Cape steht dir richtig gut! 🙂

    Liebste Grüße ♥
    Mai von Sparkle&Sand

  4. Wunderschön geschrieben! Ich habe gestern endlich eine der Aufgaben erledigt, die seit ein paar Wochen vor mir hergeschoben wurden (und jetzt nur erledigt, weil die Zeit langsam knapp wurde): mein Visumsantrag ist raus! Hoffentlich bekomme ich ihn nicht zurück mit 1000 Sachen die ich ändenr muss, dann dauert das vermutlich noch ewig. Generell hilft es mir übrigens, wenn ich eine To-Do-Liste mache, weil es so befriedigend ist, die großen Punkte von der Liste abzuhaken 😀

Kommentar verfassen