Das Lesejahr 2016: Welche Bücher besonders lesenswert sind

„Wenn ich das Buch noch schaffe, habe ich 49 Bücher dieses Jahr gelesen“, sage ich zu meiner Schwester, als ich Silvester im Flugzeug auf dem Weg zurück nach Deutschland sitze.

Bevor ich unter die Studenten gegangen bin, habe ich immer etwa 60 Bücher im Jahr gelesen. Also ungefähr pro Woche ein Buch; und wenn ich Urlaub hatte, dann auch etwas mehr. Im Studium lag die Zahl der pro Jahr gelesenen Bücher irgendwo zwischen 20 und 30 – ich mutierte zum Durchschnittsleser. Das lag erstens am Zeitmangel und zweitens an der Unlust, weil man sowieso schon immer so viele Texte lesen muss, und drittens am Nicht-Abschalten-Können, weil man noch soooo viel zu erledigen hat.

Seitdem ich aber wieder zur arbeitenden Bevölkerung zähle, ist mein jährlicher Bücherkonsum wieder etwa in der Höhe wie in den Jahren 2006 bis 2011.  Und so habe ich 2016 etliche neue Autoren kennen gelernt, war an unzähligen Orten in verschiedenen Zeiten auf der ganzen Welt verteilt, konfrontiert mit Kriegen, Unterdrückung, Asylrecht, Mord, Menschenhandel und Verrat. 49 Bücher, die mich unterhalten, auf die Folter gespannt, mir neue Denkanstöße gegeben, mich auf Fehler und die Ungerechtigkeiten dieser Welt aufmerksam gemacht und mir Dinge vermittelt haben, die ich bisher noch nicht wusste.

Welche dieser 49 Bücher besonders lesenswert sind:

 

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Abbas Khider – Ohrfeige

Darum geht’s: Asylrecht und das Leben von Flüchtlingen in Deutschland.

Karim flüchtet mit der Hilfe eines Schleppers aus dem Irak und landet in Deutschland, obwohl er doch eigentlich nach Frankreich wollte. Egal, Hauptsache er ist nicht mehr im Irak, wo ihm aufgrund einer Krankheit soziale Ächtung drohnt. Doch auch in Deutschland wird er nicht mit offenen Armen empfangen. Der Bürokratie-Dschungel macht ihn zu einem verlorenen Wanderer ohne Perspektive. Am Ende soll er abgeschoben werden. Ein Roman über Menschen, die nirgendwo erwünscht wird. Eine ausführliche Rezension habe ich hier veröffentlicht.

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Khaled Hosseini – Drachenläufer

Darum geht’s: Afghanistan – und um Freundschaft, Verrat und tiefe Reue.

Amir und der Dienstbotenjunge Hassan wachsen zusammen auf und sind seit Kindesbeinen an miteinander befreundet. Hassan ist loyal gegenüber Amir, doch Amir blickt immer wieder auf Hassan herab, da dieser der unterdrückten Minderheit Hazara angehört und sozial schlecht gestellt ist. Hassan würde alles für Amir tun, was dieser gnadenlos ausnutzt. Eine emotionale Geschichte, deren Tragik wunderbar poetisch erzählt wird.

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Alyson Richman – Der italienische Garten

Darum geht’s: Um italienische Widerstandskämpfer. Und um zwei Menschen, denen der Zweite Weltkrieg alles nimmt. Ein sehr, sehr trauriges Buch.

Eine ausführliche Rezension habe ich hier veröffentlicht.

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Kathryn Stocket – Gute Geister

Darum geht’s: Gesellschaftlich anerkannter Rassismus.

Die 60er Jahre in Mississippi, USA: Drei verschiedene Frauen, die etwas verändern wollen. Zwei schwarze Haushälterinnen und eine weiße Journalisten, die gemeinsam versuchen auf die Ungerechtigkeiten der Rassentrennung aufmerksam zu machen und dabei vom Gegenwind fast vernichtet werden. Ein wichtiges Buch, das verdienterweise ein verfilmter Weltbestseller ist.

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Jan Faber – Kalte Macht

Darum geht’s: Politische Intrigen im Kanzleramt

Ein spannender Blick hinter die Kulissen des Politikbetriebs. Der Thriller zeigt, wie Politiker sich selbst und andere zerstören, um an die Macht zu kommen und sie zu behalten. Auch Angela Merkel spielt hier mit, auch wenn sie namentlich nicht genannt wird.

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Cay Rademacher  – Der Trümmermörder

Darum geht’s: Hamburg 1947 – unmittelbar nach dem Zweiten Weltkrieg.

Der Wandsbeker Oberinspektor Stave ermittelt zwischen Trümmern, Schwarzmarktgeschäften und dem zugefrorenen Eilbekkanal. Cay Rademacher beschreibt detalliert wie Hamburg, inbesondere der Stadtteil Eilbek, nach dem Zweiten Weltkrieg ausgesehen hat. Ein toller Krimi für Hamburger!

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Hans Rath – Und Gott sprach: Wir müssen reden!

Darum geht’s: Um Gott, der in einer Sinnkrise steckt, weil ihn niemand mehr braucht.

Hans Rath hat sich einer ernsten Thematik angenommen und sie wunderbar humorvoll herübergebracht. Ein Buch, das einen tief hineinzieht in die Geschichte, die Frage beantwortet: Wenn es einen Gott gibt, warum lässt er das alles zu? Man muss nicht an Gott glauben, um an diesem Buch Spaß zu haben, sondern nur offen für neue Denkanstöße sein. Denn die Frage ist nicht: Gibt es Gott? Sondern: Was könnte Gott sein?

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Charlotte Link – Die Entscheidung

Darum geht’s: Um Menschenhandel und darum, wie sich die Entscheidung eines einzelnen auch auf Menschen auswirkt, die man gar nicht kennt.

Ein sehr, sehr spannender Pageturner, raffiniert erzählt – wie man es von Charlotte Link gewohnt ist.

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Lucy Clarke – Das Haus, das in den Wellen verschwand

Darum geht’s: Sieben junge Leute segeln mit einer Jacht durch die Südsee. Alles ist traumhaft, bis mitten in der Nacht ein Crewmitglied  von Board verschwindet.

Zugegeben: Dier Titel ist gut, aber die Cover-Gestaltung lässt auf einen Friede-Freude-Eierkuchen-Roman schließen. Aber hier gilt der Spruch: „Don’t judge a book by its cover.“ „Das Haus, das in den Wellen verschwand“ ist nämlich eher ein Krimi. Was ihn besonders macht: die Kulisse. Wir verfolgen sieben junge Leute, die durch die Südsee segeln  – von den Philippinen bis nach Neuseeland – und auf traumhaften Inseln Halt machen. Und doch ist der Grusel-Faktor mit dabei, weil sich an Board ein Verbrechen ereignet. Ein spannendes Buch, das zugleich Lust auf eine Weltreise in einem entfacht.

 

Anthony Doerr – Alles Licht, das wir nicht sehen

Darum geht’s: Um den Zweiten Weltkrieg in Frankreich. Um ein blindes Mädchen, das im Bombenhagel auf sich allein gestellt ist. Und um einen deutschen jungen Soldaten – selbst noch ein Teenager – der Widerstandskämpfer ausfindig machen soll. Zwei Menschen, die sich nicht kennen und aufeinander zu bewegen.

Was diesen Roman besonders macht, ist der poetische und bildhafte Schreibstil. Obwohl die Kapitel kurz sind, Perspektiven hin und her wechseln und die Geschichte dadurch temporeich erzählt wird, muss man sich für das Buch Zeit lassen. Denn es ist fast so als hätte man ein über 500-seitiges-Gedicht vor sich.

 

 

 

 

5 Gedanken zu „Das Lesejahr 2016: Welche Bücher besonders lesenswert sind&8220;

  1. Der italienische Garten habe ich auch gelesen, das Buch hat mich so gepackt, wie schon lange kein Buch mehr! Ich hatte das Gefühl schon fast vergessen, weil die anderen Bücher, die ich gelesen habe, zwar gut waren und mich unterhalten haben, aber so gepackt, wie dieses hat mich wie gesagt keins von ihnen!
    Ohrfeige kommt auf meine Leseliste, hört sich spannend an!
    Liebe Grüße 🙂

    1. Schön zu hören, dass es noch jemanden gibt, den das Buch auch so sehr mitgenommen hat wie mich. Ich finde, es hat viel mehr Aufmerksamkeit verdient und ist ganz anders als Titel, Cover und Klappentext vermuten lassen.
      Liebe Grüße zurück 🙂

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